Fast 80 Gremien basteln in Deutschlands Behörden und Ministerien an der Energiewende

Der Bericht des Bundesrechnungshofs moniert auch das Management der Energiewende im Berliner Bundeswirtschaftsministerium (BMWi). Laut BRH seien allein im BMWi 34 Referate und vier Abteilungen mit der Umsetzung der Energiewende beschäftigt. Auf der Bund-Länder-Ebene seien es sogar 45 Gremien. Das heißt: Im Bund und den Ländern basteln fast 80 Gremien an der Energiewende. [21]

Basis für die Energiewende seien wiederum ganze 26 Gesetzen und 33 Verordnungen, moniert der Rechnungshof und legt nach:

Es bleibe ein "wesentliches Versäumnis", dass das BMWi bislang nicht herausgearbeitet habe, weshalb die Energiewende mit einer solch ausladenden Bürokratie koordiniert werde, lässt sich dem Bericht des Bundesrechnungshofs entnehmen. [22]

 

Die Bonner Behörde empfiehlt deshalb eine zentrale Stelle, welche die Gesamtverantwortung übernimmt. [4] Zudem macht sie den Vorschlag stärkere Anreize für eine Reduzierung von Treibhausgasen durch eine CO2-Bepreisung zu setzen. [23]

Bund nimmt durch CO2-Zertifikate Verkauf 2018 insgesamt gut 2 Mrd. Euro ein

Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes könne man es künftig so regeln, dass man sich auf einen Preis pro ausgestoßener Tonne CO2 einigt. Das mache den CO2-Ausstoß für die Unternehmen teurer und ihn zu minimieren attraktiver. [24] Insbesondere die Stromgewinnung aus Kohle würde dadurch mehr Kosten verursachen. Kohle, insbesondere Braunkohle, gilt nämlich als besonders klimaschädlicher Energielieferant auf Grund sehr hoher CO2-Belastungen. [25]

Bislang müssen Unternehmen, die viel Treibgase ausstoßen, über ein kompliziertes Verfahren CO2-Emmissionsrechte erwerben. Die Menge an CO2-Zertifikaten wird dabei vom Staat beziehungsweise der EU für eine Handelsperiode festgelegt. Die erste Handelsperiode ging von 2005 bis 2007, die zweite umfasste die Jahre 2008 bis 2012. Die dritte Handelsperiode begann mit dem Jahr 2013 und läuft bis 2020.

Wurden in der ersten Handelsperiode die Zertifikate von der Regierung noch kostenlos an die Unternehmen verteilt, nahm in der zweiten und dritten Handelsperiode der Anteil an Emissionszertifikaten, die versteigert werden, immer weiter zu. [26]

Mittlerweile veräußert der Staat mehr als die Hälfte aller CO2-Zertifikate über die Deutsche Emissionshandelsstelle an der Strombörse EEX in Leipzig. Dadurch generierte der Bund allein im Juli 2018 mit einer Versteigerung von 17 Millionen CO2-Zertifikaten rund 283 Millionen Euro an Einnahmen. Für das gesamte Jahr 2018, so schätzen Experten, soll der Auktionserlös des Bundes mehr als zwei Milliarden Euro betragen.

Dass Recht eine Tonne Kohlendioxid auszustoßen erkauft

Mit dem Erwerb eines Emissionspapiers erwirbt ein Unternehmen das Recht, eine Tonne Kohlendioxid auszustoßen. Nutzt das Unternehmen weniger CO2-Zertifikate als es zugeteilt bekam, beispielsweise durch eigene kostengünstige CO2-Reduzierungsmaßnahmen, kann es die übrigen Verschmutzungsrechte ebenfalls über die Börse verkaufen.

Damit wird es für Unternehmen auch ökonomisch sinnvoll, Treibhausgase zu reduzieren. Am Emissionshandel nehmen in Deutschland rund 1800 Anlagen teil, darunter auch der Flugverkehr, Kraftwerke und andere energieintensive Industrien. Da CO2-Zertifikate frei handelbar sind, profitieren neben Bund und Unternehmen auch noch Spekulanten von dem Emissionspapier.

Aktuell kostet das CO2-Zertifikat 19,76 Euro (Stand: 14. November 2018). [27] Für einige Experten sind die CO2-Preise aber immer noch zu gering, um bei Unternehmen Anreize zu Klimaschutz-Investitionen zu setzen. Der französische Präsident Manuel Macron schlug jüngst einen CO2-Mindestpreis von 30 Euro vor, um die Wirtschaft auf einen grünen Kurs zu bringen und die Staatseinnahmen weiter in die Höhe treiben zu können. [28]

Erreicht werden soll dieses Ziel durch die Einführung einer europaweiten CO2-Steuer. Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), die Französin Christine Lagarde, sprach sich im Rahmen des Pariser Klimaabkommens für eine noch höhere staatlich erzwungene CO2-Bepreisung aus, als sie bislang schon stattfindet. [29]

Das Pariser Klimaabkommen hat sich nämlich zum Ziel genommen, den "Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen", da man erkannt habe, "dass dies die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen" so angeblich erheblich verringern werden könnten. [6] Dies könne jedoch nur erreicht werden, wenn der Druck auf die Unternehmen durch eine Höhere CO2-Abgabe steige.

Privater Mittelstandsverband kritisiert hohe Kosten der Energiewende

Neben dem Bundesrechnungshof kritisiert auch der private Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft (BVMW) die hohen Kosten der Energiewende, die ständig steigenden Strompreise und die mangelnde Effizienz.

So heißt es in einer Stellungnahme, dass der BVWM die Energiewende begrüße, diese aber nicht auf Kosten der Wirtschaft gehen dürfe. So fordert der BVMW einen Mindestpreis für den CO2-Ausstoß. [31]

Die Bonner Bundesrechnungsprüfer bilanzieren schließlich in ihrem umfangreichen Bericht: Sollten die Kosten der Energiewende für Wirtschaft, öffentliche Hand und private Haushalte weiter steigen ohne dass wesentliche Fortschritte in der klimapolitischen Agenda gemacht würden, drohe "ein Vertrauensverlust in die Fähigkeit von Regierungshandeln". [32]

Das Bundeswirtschaftsministerium weist die Kritik des Rechnungshofes jedoch zurück. Das Ministerium sehe keinen Handlungsbedarf und befinde die Energiewende als effektiv und koordiniert. [33]

Einzelnachweise:

[1] Bundesrechnungshof watscht Wirtschaftsministerium ab, von Susanne Ehlerding. Tagesspiegel.de vom 28. September 2018. Abruf am 07. November 2018.

[2] Die Energiewende ist ein krasses Beispiel unnützer Politik von Ulrich Bettermann, welt.de vom 10. Oktober 2018. Abruf am 02. November 2018.

[3] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[4] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[5] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[6] Zu tragende Kosten aus dem EEG in Deutschland nach Verbrauchergruppen im Jahr 2017, auf: statista.com. Abruf am 02. November 2018.

[7] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[8] Bruttoendenergieverbrauch, auf: wikipedia.org. Abruf am 05. November 2018.

[9] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[10] Datenerhebung 2017 – Bundesmix 2017, auf: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. Online (bdew.de) vom 24. August 2018. Abruf am 02. November 2018.

[11] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[12] Alles zur Kaufprämie für Elektroautos, auf autobild.de vom 09. November 2018. Abruf am 12. November 2018.

[13] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[14] Endenergieproduktivität, auf: umweltbundesamt.de, Abruf am 05. November 2018.

[15] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[16] Primärenergieverbrauch, auf: umweltbundesamt.de, Abruf am 05. November 2018.

[17] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[18] Bruttostromverbrauch, auf: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (bmwi.de), Abruf am 05. November 2018.

[19] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[20] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[21] Bei der Energiewende droht der Kontrollverlust von Daniel Wetzel, auf: welt.de vom 28. September 2018. Abruf am 05. November 2018.

[22] Bundesrechnungshof beurteilt Energiewende als „mangelhaft“ von Angela Hennersdorf, auf: Wirtschaftswoche Online (wiwo.de) vom 28. September 2018. Abruf am 05. November 2018.

[23] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 02. November 2018.

[24] Bundesrechnungshof beurteilt Energiewende als „mangelhaft“ von Angela Hennersdorf, auf. Wirtschaftswoche Online (wiwo.de) vom 28. September 2018. Abruf am 05. November 2018.

[25] CO2 bleibt zu billig von Joachim Wille, in: fr.de (Frankfurter Rundschau) vom 22. Mai 2018, Abruf am 14. November 2018.

[26] Emissionshandel – Was ist das? von Bundesumweltministerium (BMU), in: bmu.de, Abruf am 14. November 2018.

[27] CO2 European Emission Allowances, in: finanzen.net, Kurs vom 14.11.2018 um 16:02 Uhr, Abruf am 14. November 2018.

[28] CO2 bleibt zu billig von Joachim Wille, in: fr.de (Frankfurter Rundschau) vom 22. Mai 2018, Abruf am 14. November 2018.

[29] Die Arroganz der Ahnungslosen von Frank Henning, auf: tichyseinblick.de vom 02. November 2018. Abruf am 05. November 2018

[30] Übereinkommen von Paris von Bundesumweltministerium (BMU), in: bmu.de vom 12. November 2015, Abruf am 14. November 2018.

[31] Energie - so dezentral wie möglich, so zentral wie nötig, auf: Bundesverband Mittelständische Wirtschaft Online (bvmw.de), auf: bvmw.de, Abruf am 05. November 2018.

[32] Bericht nach § 99 BHO über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf: bundesrechnungshof.de vom 28. September 2018. Abruf am 05. November 2018.

[33] Rechnungshof: Große Defizite bei Energiewende, auf: Zeitung für kommunale Wirtschaft vom 28. September 2018. Abruf am 05. November 2018.

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